Kirchen in Österreich zur NS-Zeit
Die österreichische NS-Zeit (1938-45) zeigt - ganz grundsätzlich - im Vergleich mit der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland - mehrere Eigenheiten: Sie dauerte nur etwa halb so lange, und sie deckte sich weitgehend mit der Kriegszeit. Hier wie dort gilt, dass die letzten Kriegsjahre kirchengeschichtsquellenmäßig nur dünn belegt sind.Christentum in Österreich angesichts der nationalsozialistischen Herausforderung
In: Michael Benedikt, Reinhold Knoll, Cornelius Zehetner (Hg.): Verdrängter Humanismus - verzögerte Aufklärung, Bd.V: ... Philosophie in Österreich 1920-1951 (Wien 2005) 1105-1120.
Arnold Köster als NS-Kritiker
Zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus (im sog. Dritten Reich) gehört auch der Baptisten-Prediger Arnold Köster. Er war ein Kritiker des Nationalsozialismus und somit ein Beispiel für christlichen Widerstand (im weiteren Sinn). Über ihn erschien mein Buch
Öffentliche Kritik am Nationalsozialismus im Großdeutschen Reich.- siehe nähere Angaben, Inhaltsverzeichnis, Leseproben, Auszüge aus Rezensionen sowie aus der sonstigen Rezeption.
Leben und Weltanschauung des Wiener Baptistenpastors Arnold Köster (1896-1960)
(= Historisch-Theologische Studien zum 19. und 20.Jahrhundert, 9), Neukirchen/Vluyn 2001 (VIII+280 S., € 12,95)
Eine Anerkennung der Bedeutung Kösters stellt seine Aufnahme ins
Metzler Lexikon christlicher Denker,
hg. von Markus Vinzent (Stuttgart 2000) S.413,
dar. Ein ausführlicherer Lexikonartikel findet sich in:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XIX (2001), Spalten 815-821
im Internet unter www.bautz.de/bbkl/k/koester_a.shtml
Der Versuch einer Einordnung der Bedeutung von Kösters Wirken in die Erforschung des Christentums im 20.Jh. erschien in der führenden Zeitschrift:
Öffentliche Kritik am Nationalsozialismus im Großdeutschen Reich.
In: Kirchliche Zeitgeschichte. Internationale Halbjahreszeitschrift für Theologie und Geschichtswissenschaft 14 (2001) 557-564 [= eine Kurzvorstellung des Buches über Arnold Köster in der Rubrik „Magisterschriften – Dissertationen – Habilitationen“].
Inhalt: Beim Wirken des Baptisten-Pastors Arnold Köster kam es zu scharfer öffentlicher kontinuierlicher NS-Kritik im Großdeutschen Reich. Seine Predigt- und Vortragstätigkeit ist durch etwa 500 Texte aus der Kriegszeit sehr gut dokumentiert - möglicherweise umfangreicher als die Redetätigkeit selbst von Nazigrößen wie Hitler oder Goebbels. Kösters Haltung zum Judentum zeigt sich in verschiedenen, nicht ganz gleichlinigen Äußerungsformen. Ein realistisches, Glorifizierung vermeidendes Bild erkennt in den meisten Hitlergegnern nur Teil-, nicht Totaloppositionelle. Zur Erforschung des Wirkens eines einzelnen Pastors können bis zu ca. 10 Arten von Quellen herangezogen werden.
Bei der Kritik an NS-Eigenheiten lassen sich verschiedene Stufen der Deutlichkeit unterscheiden. Dabei vergleiche ich Köster mit zeitgenössischen Predigern:
Von der "Grenze des Möglichen" im Dritten Reich.
Kritik am Nationalen in der einzigartigen Predigtsammlung des Wiener Baptisten-Pastors Arnold Köster.
In: Geschichte und Gegenwart. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Gesellschaftsanalyse und politische Bildung 18 (1999) 13-35.
Dokumentationen mit Predigt-Auszügen Kösters erschienen über den Kriegsbeginn:
Nationalsozialismus als Konkurrenz zum christlichen Glauben.
Der Wiener Baptistenprediger Arnold Köster über Anschluß und Kriegsanfänge.
Eine Dokumentation zu den Jahren 1938 bis 1940.
In: Jahrbuch für Geschichte des Protestantismus in Österreich 112 (1996) 137-183.
... die Kriegsmitte:
Predigten während Stalingrad.
Eine Dokumentation zum Wiener Baptistenpastor Arnold Köster im Januar und Februar 1943.
In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 48 (2000) 1078-1097.
... das Kriegsende:
Das Kriegs-Ende in Wien im Spiegel der Predigten eines NS-kritischen Baptistenpastors.
In: Österreich in Geschichte und Literatur 40 (1996) 113-125.
Evangelische Allianz, Methodisten, Volksmission in Wien
Neben Arnold Köster wirkten in der Wiener Evangelischen Allianz weitere Verantwortliche mit, u.a. Hinrich Bargmann (Methodistenkirche) oder Max Monsky (Volksmission). In der Reihe Studien zur Geschichte christlicher Bewegungen reformatorischer Tradition in Österreich (als Band 2) gab ich die Sitzungsprotokolle und Programme für die Zeit 1920–45 heraus.
In Kurzfassung und auf die NS-Zeit beschränkt:
Die Gegenwart als Segen oder Gerichtsfluch Gottes?
Dokumentation der Protokolle des Vorstandes der Wiener Evangelischen Allianz von 1938 bis 1945.
In: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 115 (1999) 157-214.
Ein wichtiger Aspekt der NS-Zeit war der Umgang mit der Situation von Juden:
Juden und Freikirchen in Österreich.
Die Haltung der Freikirchen in Österreich zur Zeit des Nationalsozialismus, dargestellt vor allem am Beispiel der Prediger Arnold Köster (Baptist) und Hinrich Bargmann (Methodist).
In: Daniel Heinz (Hg.): Freikirchen und Juden im „Dritten Reich“. Instrumentalisierte Heilsgeschichte, antisemitische Vorurteile und verdrängte Schuld (= Kirche – Konfession – Religion 54). Göttingen 2011, S.311-330.
Zu Monsky erschien ein eigener Artikel:
"Die Besucher unserer Stunden tragen fast alle das Hakenkreuz".
Max Monsky, Gründer der österreichischen Volksmission, zur Zeit Hitlers.
In: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 117f (2002) 127-146.
Röm.-kath. Kirche: Rohracher, Innitzer
Während der NS-Zeit hatte die röm.-kath. Kirche in Österreich einen schweren Stand, galt sie den Nationalsozialisten hier doch als weltanschaulicher Hauptgegner. Der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher hielt am 24.Okt.1943 eine Predigt in Hallein, die gemäß den Berichten von Ohrenzeugen äußerst nationalsozialismuskritisch gewesen sein soll; hier ist allerdings Quellenkritik nötig:Bischof Andreas Rohracher als NS-Kritiker - eine denunziatorische Überinterpretation?
In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 138 (1998) 99-102.
Der Wiener Erzbischof Theodor Innitzer stand in den Anfangsjahren der NS-Zeit im Rampenlicht. Eine nun ausgewertete Quelle gibt Einblick in die Situation zu Kriegs-Ende:
Der Gau-Akt über Kardinal Theodor Innitzer.
Einblicke in Konflikte und Stimmungslage während des 2.Weltkriegs.
In: Österreich in Geschichte und Literatur 55 (2011) 148-156.
Evangelische Kirche
Im Bereich der Evangelischen Kirche gab es jedenfalls anfangs große Offenheit für den Nationalsozialismus:Wiener Evangelische Professoren der Theologie im Spiegel der Gau-Akten.
Dokumentation zu Beth, Egli, Entz, Hajek, Hoffmann, Koch, Kühnert, Opitz, Schneider und Wilke.
In: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 116 (2000f) 191-225.